Jahrgang 1973, verwandelte ihr Leben kraft ihres Bewusstseins vom quälenden Psychotrip zum segensreichen Experimentierfeld. Auf der Basis intuitiv gelenkter mentaler und emotionaler Prozesse befreite sie sich selbst von familiären Traumata und zerstörerischen Mustern. Als Autorin, Coach und Seminarleiterin widmet sie sich dem Abenteuer der kreativen Formfindung und Verwandlung. Mit ThetaFloating entwickelte sie 2010 eine hochwirksame Bewusstseinstechnik. Die Berlinerin lebt mit ihren Pferden auf einem alten Gehöft in Brandenburg.
Esther Kochte im Interview
Fragt man Sterbende, was sie am meisten bedauern, so lautet die
Antwort häufig, dass sie sich selbst
zu wenig gelebt haben. Verpassen wir, gefangen im
Korsett der äußerlichen Verpflichtungen, das
Leben?
In der Tat verwirklichen die wenigsten Menschen ihre Gaben und Träume.
Vielen gehen schon in der Schulzeit Fantasie und Kreativität verloren. Manche haben
nie gelernt, die eigenen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Doch die
Verpflichtungen, auf die wir uns gerne berufen, sind letztlich vorgeschoben.
Was hält uns davon ab, aus dem Vollen zu schöpfen?
Die meisten Menschen fürchten sich davor, ihre Komfortzone zu verlassen
und Neues zu wagen. Für Scheinsicherheiten und oberflächlichen Zuspruch verkaufen
wir unsere Seele, weil wir nie gelernt haben, uns auf uns selbst zu verlassen.
Das ist auch kulturell begründet. Mit unserem Verstand wollen wir alles
kontrollieren und merken gar nicht, wie hilflos wir uns dem Leben ausliefern,
indem wir uns der intuitiven und emotionalen Wahrnehmung verschließen. Dabei
können unsere Empfindungen uns durch jedes Abenteuer navigieren, wenn wir nur
lernen, uns ihrer Intelligenz anzuvertrauen.
Sie sprechen von der »Schuld des ungelebten Lebens«. Laden wir
wirklich Schuld auf uns, wenn wir unser innerstes Selbst nicht ausdrücken?
Ich würde es weniger moralisch formulieren. Schuldgefühle resultieren
aus dem, was wir uns selbst schuldig bleiben, indem wir aufgrund fremder
Erwartungen unsere Bedürfnisse ignorieren. Dadurch entsteht in uns ein Mangel, den
wir nach außen projizieren. Wir machen andere oder die Umstände verantwortlich für
unser Erleben. Wir werden abhängig und süchtig nach Anerkennung, um unsere
innere Leere zu füllen, und sind dadurch bestechlich und manipulierbar. Dieser
Teufelskreis lässt sich nur durch radikale Ehrlichkeit und Selbsthingabe
durchbrechen. Ich bin frei, wenn ich ganz bei mir selbst bin und meiner
Sehnsucht folge.
Ihre Forderung nach Leben in radikaler Selbsthingabe klingt
ziemlich kompromisslos. Ist Selbsthingabe eine Sache der inneren Einstellung,
kann auch ein stark eingespannter Manager oder eine Mutter mit kleinen Kindern
sie leben?
Gerade Menschen, die sich ihrer beruflichen oder sozialen Rolle
stark verpflichtet fühlen, müssen lernen, auf sich selbst zu achten und Raum
für ihre individuellen Bedürfnisse zu schaffen, um nicht betriebsblind zu werden.
Das Ideal von der perfekten Familie schadet nicht nur der Mutter, sondern auch den
Kindern, denn sie lernen durch ihr Vorbild, das eigene Leben einer Vorstellung
zu opfern — so wie sich der Manager an einen fragwürdigen Status verheizt. Das
Unglück ist vorprogrammiert, denn das Versäumte wird sich rächen. Konsequent
seinem Herzen zu folgen erspart allen Beteiligten viel Schmerz und Leid.
Hingabe an sich selbst bedeutet unter anderem, sich bedingungslos
zu akzeptieren und vollkommen mit sich verbunden zu sein. Welche Auswirkungen hat
diese Selbstliebe auf Beziehungen — die Beziehungen zu anderen, aber auch die
zu sich selbst?
Mich selbst zu erleben, wie ich wirklich gerade bin, mitsamt
meiner Verletzbarkeit, schafft eine innere Präsenz, die sehr anziehend auf
andere wirkt, weil ich ihnen damit erlaube, ebenfalls authentisch zu sein. Wo
ich ganz bei mir bin, findet Berührung statt. Ich erlebe mich selbst als
vollständig und muss nicht beim anderen nach Erfüllung suchen. So werde ich frei
von Erwartungen und lasse mich nicht mehr vereinnahmen oder unter Druck setzen.
Lähmende Gewohnheiten, faule Kompromisse oder Machtspiele haben in lebendigen
Begegnungen keine Chance.
Sie arbeiten mit 'Symboling', einer
von Ihnen entwickelten Technik. Wie funktioniert das?
Über die bewusste Wahrnehmung meiner Gefühle gelange ich in tiefen
Kontakt zu mir selbst und meiner inneren Quelle. Entlang eines symbolischen Szenarios,
das sich der Bildsprache des Unterbewusstseins bedient, erkenne ich die Dynamik
meiner Denkmuster, die mich von meiner Kraft trennen. Zugleich erfahre ich, wie
zuverlässig meine emotionalen Empfindungen jede Situation klären und mich zentrieren,
sofern ich sie nicht in ihrem Prozess störe, sondern bewusst mit ihnen
mitströme. Durch das symbolische Geschehen erlebe ich eine echte Transformation,
die ich fühlen kann und die mich neu ausrichtet.